Mozilla Thunderbird
In Ubuntu und den meisten Derivaten der Standard als E-Mail-Client, ist Mozilla Thunderbird auch für Windows und OS-X erhältlich; Profile lassen sich Plattform-übergreifend nutzen. Die Funktionalität des Programms ist ähnlich wie beim Firebox-Browser aus demselben Hause durch eine Vielzahl sogenannte Add-ons (Erweiterungen) flexibel erweiterbar. Seit der im Sommer 2018 veröffentlichten Version 60 setzt Thunderbird allerdings auf eine neue Erweiterungs-Schnittstelle namens MailExtensions. Unterstützung für alle vorherigen, in XUL programmierter Erweiterungen wird Schritt für Schritt entfernt. Damit drohen langjährigen Thunderbird-Nutzern, die sich auf „Legacy“-Add-ons verlassen, ernste Upgrade-Probleme, sofern deren Entwickler nicht auf die neuen Schnittstellen (APIs) umschwenken. Laut der tb-planning Gruppe sollen alle Add-Ons, die im alten Standard programmiert sind, nur noch bis 2020 funktionieren, wenn Thunderbird 78 erscheint.
Nachdem Thunderbird von Mozilla lange Zeit nur wie ein Stiefkind behandelt wurde, bietet das Programm seit Version 60 einige Verbesserungen bei der Nutzerführung und ein renoviertes Design einschließlich eines flachen Logos. Mit Hilfe der Kalender-Erweiterung, die inzwischen fest zum Lieferumfang gehört, lässt sich Thunderbird zu einem kompletten „Personal Information Manager“ (PIM) aufbohren. Die Integration all dieser Features in die Benutzer-Oberfläche wirkt leider noch immer nicht wie aus einem Guss. Termine und Aufgaben lassen sich über einen eigenen Hauptmenü-Punkt aufrufen und werden dann als neues Tab geöffnet. Die Kontakte findet man wiederum über Extras > Adressbuch; sie öffnen sich nicht als Tab, sondern als Pop-up. Dagegen sind in Version 68 auch die Einstellungen in ein Tab gewandert.
Wer Kalender oder Adressbücher im Netzwerk lagert, muss wissen, dass Thunderbird die Standards CalDav und CardDav nicht von Haus aus unterstützt. Zwar gibt es dafür Erweiterungen, doch diese halten nicht immer Schritt mit der Entwicklung des Hauptprogramms. So ist der Sogo Connector durch die Änderung der Erweiterungs-Schnittstelle außer Gefecht gesetzt und lief auch vorher schon nicht sonderlich stabil. Mit CardBook existiert eine solide Kontakte-Erweiterung, die sich bestens auf die Standards CardDAV und VCard versteht, aber leider nur als zusätzliches Adressbuch installiert wird. Die bessere Lösung ist da die Erweiterung TbSync in Verbindung mit dem Provider für CalDav und CardDav (alternativ wird auch Exchange Active Sync unterstützt), die alle Netzwerk-Quellen direkt in Thunderbirds vorhandene Adress- und Kontakt-Verzeichnisse integriert. Wer’s unbedingt braucht: auch für den Google Calendar existiert eine Erweiterung.
Ein noch schwierigeres Thema ist die E-Mail-Verschlüsselung, für Durchschnittsnutzer ohnehin ein Buch mit sieben Siegeln. Mit Hilfe der Erweiterung EnigMail bot Thunderbird immerhin eine im Vergleich zu anderen E-Mail-Programmen einfachere Integration der E-Mail-Verschlüsselung mit PGP. Allerdings wird EnigMail von seinem Entwickler nicht mehr auf die neue Erweiterungsschnittstelle portiert. Mit Version 78 soll Thunderbird deshalb die Verschlüsselung mit OpenPGP von Haus aus unterstützen, so dass es keiner Erweiterung mehr bedarf. Eine wichtige Fußnote dazu: Schon im Jahr 2018 aufgedeckte Sicherheitsmängel (Stichwort: Efail) in PGP haben das Thema E-Mail-Verschlüsselung ins Zwielicht gebracht, wofür allerdings weder die Entwickler von Enigmail noch von Thunderbird Schuld trifft. Ein Umschwenken auf S/MIME als Verschlüsselungs-Alternative bringt auch nichts, da dieser Standard noch mehr Lücken aufweist.
Speicherort und Backup
Alle Mails, Adressbücher und Konteneinstellungen sowie die meisten Plugins lassen sich bequem archivieren und auch auf einen anderen Rechner migrieren, indem man den Profilordner $HOME/.thunderbird
kopiert.
Installation
Ubuntu liefert für alle unterstützten Releases nur Sicherheits-Updates für Thunderbird 60, hat aber das Upgrade auf die bereits im August 2019 erschienene Version 68 zurückgehalten, bis Ubuntu 19.10 im Oktober 2019 herauskommt. Wer es schon vorher nutzen möchte, kann Thunderbird von dessen offizieller Website herunterladen und parallel installieren. Dazu genügt es, dass Archiv an einer separaten Stelle zu entpacken und die darin enthaltene Datei thunderbird auszuführen. Aufgrund der Änderungen in der Erweiterungs-API muss man sich aber darauf einstellen, dass bisher funktionierende Add-Ons nicht mehr arbeiten.
Über die Paketverwaltung wird Thunderbird 60 eingespielt:
sudo apt install thunderbird
Alternativen
Geary ist ein schlanker E-Mail-Client für die Gnome Shell, der auch von Elementary OS unter dem Namen Pantheon Mail entwickelt wird. Gnome liefert mit Evolution eine Alternative zu Microsofts Outlook, die E-Mail, Kontakte, Kalender, Aufgaben und Notizen integriert. Das KDE-Pendant heißt Kontact und nutz als E-Mail-Komponente Kmail.