Ubuntus Gnome-Desktop mit dem hauseigenen Yaru-Layout-Thema

Pünktlich am 18. April 2019 ist Ubuntu 19.04 alias „Disco Dingo“ erschienen. Während die neue Version – wie bei den halbjährlichen Upgrades der beliebten Linux-Distribution üblich – aufgefrischte Software-Pakete samt neuem Kernel (Linux 5.0.0) und aktueller Grafik-Treiber (Mesa 19.0) mitbringt, ist es vor allem der Standard-Desktop Gnome, der eine Aktualisierung lohnt.

Bereits im März erschienen, bringt Gnome 3.32 eine Reihe von Verbesserungen – und schneidet einen alten Zopf ab: Ubuntu installierte nämlich bisher nicht die aktuelle Version des Dateimanagers Nautilus, inzwischen „Gnome Dateien“ genannt. Der Grund: Die in ihren Design-Entscheidungen manchmal sehr restriktiven Gnome-Entwickler hatten beschlossen, dass Dateien oder Ordner auf dem Desktop nichts zu suchen hätten – weshalb sie die Unterstützung in Nautilus, der diese Ablagemöglichkeit für den virtuellen Schreibtisch bereitgestellt hat, kurzerhand entfernten.

Weil Ubuntu seine User aber nicht dieser Möglichkeit berauben wollte, lieferte man bisher eine ältere Version des Dateimanagers mit. Das ist nun nicht mehr nötig, da eine Gnome-Erweiterung die fehlende Funktionalität bereitstellt. Allerdings (noch) nicht komplett: Das Ziehen (drag and drop) auf den Desktop funktioniert nämlich nicht.

Wer hochauflösende Monitore nutzt, kann nun endlich in den Einstellungen für „Anzeigegeräte“ die Skalierung feiner, nämlich in 25-Prozent-Schritten, einstellen. Falls mehrere Monitore angeschlosen sind, auch für jeden einzelnen separat. Bisher skalierte Gnome nur in 100-Prozent-Schritten. Das „fractional scaling“ funktioniert sowohl unter Wayland, also auch – mit einigen randr-Klimmzügen unter der Haube – mit dem alten X-Server, der bei Ubuntu immer noch standardmäßig aktiviert wird. Falls die feine Skalierung noch nicht aktiviert wurde, muss man sie in der Gnome-„Registry“ freischalten:

gsettings set org.gnome.mutter experimental-features "['scale-monitor-framebuffer']"

Neu ist die Möglichkeit, für jedes einzelne Programm eigene Einstellungen zu konfigurieren. Das betrifft die (De-) Aktivierung von Benachrichtigungen und die (Ab-) Wahl als Standard-Anwendung für das Öffnen bestimmter Dateitypen oder das Ausführen bestimmter Funktionen. Es erinnert ein wenig an Android, wo man einzelnen Apps sogar Zugriffsrechte geben oder entziehen kann. Letzteres funktioniert in Gnome aber nur ansatzweise mit Flatpacks, und die werden in Ubuntu bekanntlich zu Gunsten der hauseigenen Snaps nicht ohne Weiteres unterstützt.

A propos Android. Die Installation der neuen Gnome-Shell-Erweiterung GS Connect rüstet ein Feature des KDE-Desktops nach. Es ermöglicht die „Fernsteuerung“ von Android-Geräten über WLAN, sofern dort die App KDE Connect installiert ist.

Schneller und schicker

Nicht zuletzt verspricht Gnome 3.32 einen schnelleren, reaktionsfreudigeren Desktop, was nicht nur eine PR-Floskel ist. Tatsächlich haben einige Nutzerinnen und Nutzer in der Vergangenheit Speicher-Lecks gemeldet, die das System verlangsamt haben, und die Gnome-Entwickler haben an den Leistungs-Schrauben der Gnome Shell und ihres Fenster-Managers Mutter gedreht.

Auch optisch hat sich bei Gnome einiges getan. Bei den eigenen Anwendungen („Gnome Apps“) sparen die Gnome-Designer den Platz für den Titelbalken ein. Das bisher darin enthaltene Anwendungs-Menü findet sich nun einheitlich hinter einem „Hamburger“-Symbol oben rechts im Anwendungs-Fenster wieder – nun gut, auch nicht ganz einheitlich. Gnomes Outlook-Alternative Evolution hat statt der Client Side Decorations, wie man das neue Fenster-Layout im Gnome-Lager nennt, immer noch das klassische Anwendungs-Menü, und das ist bei der Vielzahl an Menü-Punkten wohl auch besser so.

Uneinheitliches App-Design: Der Dateimanager zeigt „Client Side Decorations“, während Evolution noch den alten Titelbalken einblendet.

Das Standard-Thema Adwaita wurde modernisiert, und mit ihm hat Gnome nach langer Zeit auch seine Icons erneuert. Ubuntu-User werden das nicht unbedingt merken, denn Ubuntu hat mit Yaru ein eigenes Thema.

Sollten Ubuntu-User den „Disco Dingo“ tanzen und updaten? Wer die LTS-Version 18.04 installiert hat, dürfte dabei bleiben, zumal dessen Unterbau, der sogenannte Hardware Enablement Stack (Kernel, Grafik-Treiber), noch aktualisiert wird, um neuere Hardware zu unterstützen. Wer das Upgrade auf Ubuntu 18.10 mitgemacht hat, sollte hingegen unbedingt erneut upgraden, denn wie immer werden Nicht-LTS-Versionen nach Erscheinen des nächsten Upgrades nur noch drei Monate lang gepflegt. Das Upgrade mit sudo do-release-upgrade sollte problemlos durchlaufen, es sei denn, der Rechner hat – siehe Release Notes – einen Broadcom-WLAN-Chipsatz.